Diese Rezension ist aus meinem Frust
über die ganzen vier und fünf Sterne Wertungen, die ich die letzten
Monate gesehen habe, geboren. Was seht ihr, was ich nicht sehe? Hätte
ich dieses Buch nicht für eine Aktion gelesen, ich hätte Crescent
City sehr wahrscheinlich sehr früh abgebrochen und nicht zurück
geblickt.
Figuren als schlechte Kopien
Ich kriege immer mehr das Gefühl,
SJM kann nur eine Geschichte erzählen. Sie hat ein Set an Figuren,
die sie in ein neues Setting setzt, ohne viel zu verändern. Bryce
ist Calaena und Feyre mit noch weniger Makeln (ihr einziger Makel
ist, dass sie zur Hälfte ein Mensch ist in einer Gesellschaft, die
auf Menschen hinab blickt...), Hunt ist Rhysand und Rowan (aber
keiner der Beiden hätte mehrfach das Trauma der Prota vergessen???),
Fury ist Amren und Manon und taucht noch weniger auf als sie. Würde
ich es darauf ankommen lassen, ich könnte vermutlich fast jeder
Figur zuordnen, auf welchen Gegenstücken sie basiert. Doch es sind
nicht mal gute Kopien und funktioniert für mich dieses Mal nicht.
„Erwachsenenbuch“
Was gilt als Erwachsenenbuch?
Nach dem Lesen von Crescent City habe ich keine Ahnung mehr. Das Buch
wird als SJMs erstes Erwachsenenbuch beworben, nachdem ihre
bisherigen Bücher unter New Adult fallen. Am Anfang wirkte es wie
eine FSK 18 Sicht darauf, was als erwachsen gilt: mehr Sex, mehr
Drogen. Doch das hält sich vielleicht 100 Seiten. Was bleibt ist
lediglich, dass die Charaktere fluchen, ansonsten sehe ich keine
wesentlichen Unterschiede zu ihren NA Reihen. Weder der Weltenbau,
noch die Handlung ist komplexer, Sex- und Gewaltszenen sind nicht
graphischer, auch alterlich unterscheiden sich die Figuren kaum.
Handlung? Welche Handlung?
Bryce untersucht zusammen mit
Hunt eine Reihe von Mordfällen. Sie folgen ein paar Spuren, kommt
aber nicht weit. Glaubt ihr mir, dass ich mit den zwei Sätzen gerade
etwa 500 der 800 Seiten beschrieben habe? Die zwei sind furchtbare
Detektive und es ist ihnen und anscheinend auch SJM nicht mal
bewusst!
Okay, das ist etwas überspitzt. Doch es passiert für
800 Seiten viel zu wenig, um diese Seitenzahl zu rechtfertigen. Wenn
es SJM um die Romanze ginge, hätte sie aber das Krimielement nicht
anreißen müssen. Wenn sie sich dafür entschieden hätte, über die
Diskriminierung von Menschen durch alle anderen Wesen zu schreiben?
Klar, ich bin dabei. Die Beziehung zu ihrem Bruder, ihren Freunden?
Bitte! Doch sie hat sich dafür entschieden, den Krimi in den
Mittelpunkt zu stellen und ihn dann einen großen Teil des Buches
ignoriert, um die Beziehung zwischen der Protagonistin und dem Love
Interest laufen zu lassen.
So laaang, so laaangsam
Dieser Punkt baut ein wenig auf dem vorherigen auf. Ich bin der festen Überzeugung, SJM hätte locker 200-300 Seiten streichen können, ohne dass es irgendwas verändert, der Geschichte sogar gut getan hätte. Nach den ersten etwa 100 Seiten passiert lange nichts, bis auf den letzten etwa 150 Seiten alles Schlag auf Schlag kommt. Was ist mit dem Mittelteil? Wieso müssen wir uns durch 600 Seiten voll mit ineffektiven Ermittlungen und Sackgassen quälen, um eine unzufriedenstellende Antwort darauf zu bekommen, wieso Bryces Freunde gestorben sind? Wieso kriegt der Antagonist 11 Seiten, um alle Handlungen und Motivationen im kleinsten Detail zu erklären, die wir als Leser und Bryce als Prota vorher nicht mitkriegen?
Plottwists & Vorhersehbarkeit
Hypothese: Leser*innen könnten vermutlich jeden einzelnen Plottwist vorhersehen, der anständig gemacht ist, wenn sie es darauf ankommen lassen würden. Es gab genau einen guten Twist, auf den ich nicht vorher gekommen bin, es aber rückblickend gekonnt hätte. Alle anderen habe ich entweder schon früh erraten, oder sie waren mies gemacht. Sorry, aber wenn etwas aus dem Nichts kommt und nicht zur bisherigen Handlung passt, dann kann SJM noch so sehr versuchen, mir das zu erklären, es ist kein guter Twist. Und sie hat das mehrfach getan und jedes Mal hat mich wütender zurück gelassen. Hätte sie eine solche Wendung eingebaut, okay. Ich bin kein großer Fan davon, aber okay. Doch es ist die Häufung, die mich so stört.
Das Finale
Ohne zu sehr zu spoilern will ich nur kurz darauf eingehen, dass mich genervt hat, wie SJM das Finale gestaltet hat. Im Grunde schauen fast alle Figuren zu, während eine andere Figur fast alles erledigt, um ein Problem zu lösen. Es gibt einen Grund dafür, wie gut er ist, sei dahin gestellt, doch nach dem Frust von 600 Seiten Nichts war das echt die Spitze. Ist es zu viel verlangt, dass ich mitfiebern möchte?
IRGENDWAS Positives?
Um fair zu bleiben, das Buch hat seine Momente. Zum einen gibt es einen Plottwist, den ich für echt genial und gut gemacht halte. Doch Bryce und Hunt haben auch ihre Momente. Zum Beispiel nimmt Bryce an einer Stelle ein Spiel für Hunt auf, als er plötzlich weg muss. Ich hätte gerne mehr solcher süßen Gesten gesehen.
Persönliches Fazit
Ich bin durch mit SJM. Aktuell kann ich nicht sehen, dass sie in der nahen Zukunft etwas schreiben wird, das etwas Neues sein und mich interessieren wird und mir ist meine Zeit zu schade, mich durch weitere solche Wälzer zu kämpfen, wenn es sich nicht mal lohnt.